Der Schlaf bei gesunden Menschen
Für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ist Schlaf eine unabdingbare Voraussetzung. Rund ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch schlafend. 2017 betrug die durchschnittliche Schlafzeit in Deutschland sechs Stunden und 54 Minuten (Fietze, 2018, S.17). Die individuelle Schlafdauer dagegen ist höchst unterschiedlich. Einer Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahre 2013 zufolge, schlafen 75% der deutschen Bevölkerung zwischen sechs und acht Stunden. Die restlichen 25% teilen sich ziemlich genau zur Hälfte in mehr als acht oder weniger als sechs Stunden auf (Schlack, Hapke, Maske, Busch, & Cohrs, 2013).
Je nach Veranlagung, Alter und Lebensumstände schwankt das individuelle Schlafbedürfnis. Während Säuglinge noch 16 Stunden Schlaf benötigen, verkürzt sich die Schlafdauer mit dem Heranwachsen. Im Alter von 16 Jahren haben die meisten Menschen ihre individuelle Schlafdauer gefunden. Beim Erwachsenen nimmt die Gesamtschlafzeit, die Schlafeffizienz und der Tief- und REM Schlaf, mit dem Alter signifikant ab. Die Leichtschlafphasen dagegen nehmen zu. Ab dem 70igsten Lebensjahr verkürzt sich das Schlafbedürfnis auf fünf bis sieben Stunden (Ohayon, Carskadon, Guilleminault & Vitiello, 2014).
Während des Schlafes überwiegt die Funktion des parasympathischen Nervensystems, einem Teil des autonomen Nervensystems. Aufgrund der parasympathischen Aktivität nehmen Atem- und Herzfrequenz sowie die motorische Aktivität variabel entsprechend der Schlaftiefe ab. Der Muskeltonus lässt nach und die Körpertemperatur sinkt während der Nacht soweit ab, bis sie in den frühen Morgenstunden ihren Tiefstand erreicht (Stuck, Maurer, Schlarb, Schredl & Weeß, 2018, S. 12).
Der menschliche Schlaf verläuft in wellenförmigen 90 Minuten-Zyklen. Jede Nacht wiederholen sich vier bis sieben dieser Zyklen. In jedem Zyklus werden vier unterschiedliche Schlafstadien differenziert. Die ersten drei Stadien fallen in die Kategorie non-REM (rapid eye movement) Schlaf. Das vierte Stadium wird der Kategorie REM Schlaf zugeordnet (Patel, Reddy & Araujo, 2020).
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Vorgänge in der Nacht (National Sleep Foundation, 2020):
Tabelle 1 Schlafphasen in der Nacht (Quelle: National Sleep Foundation/ eigene Darstellung)
Die Schlafstadien unterscheiden sich in Tiefe und Funktion deutlich voneinander. Folgende Merkmale werden unterschieden (American Sleep Association, 2020):
- N1 Einschlafphase
Beschreibt den Übergang zwischen Wachen und Schlafen, eine Art Dösen. Die Gehirnaktivität wird heruntergefahren und die Muskeln entspannen sich. Der Puls wird langsamer und die Atmung tiefer. Es können langsam rollende Augenbewegungen festgestellt werden. Im EEG wechseln die Alpha-Wellen (8-12Hz) der Wachphase in langsamere Theta-Wellen (4-8Hz).
- N2 Leichtschlafphase
Beschreibt in der Schlafmedizien den „stabilen“ Schlaf. Diese Phase wird häufig als evolutionsbiologischer Kompromiss zwischen schlafen „müssen“ und trotzdem noch rechtzeitig (bei Gefahr) fliehen können beschrieben. Die bewusste Wahrnehmung der Umgebung ist nicht mehr möglich und die Muskeln sind nun völlig entspannt. Im EEG sind neben den Theta-Wellen sogenannte Schlaf-Spindeln (schnell aufeinanderfolgende, mittelamplitudige Wellen mit einer Frequenz von ca. 13 Hz) und K-Komplexe (hochamplitudige, biphasische Welle mit einer niederigen Frequenz von ca. 2 Hz.) mit anschließender Schlafspindel erkennbar.
- N3 Tiefschlafphase
Der Tiefschlaf ist der wesentliche Baustein für die körperlicher Regeneration und die Wiederherstellung der psychischen Leistungsfähigkeit. So wird z.B. während dieser Zeit das Wachstumshormon (HGH) ausgeschüttet, das Kinder für das Körperwachstum und Erwachsene für Prozesse der körperlichen Erholung auf Zellebene benötigen (Weeß, 2016, S.24). Dieser für die Gesundheit essenzielle Reparaturmodus findet überwiegend in der ersten Nachthälfte statt. Herzrate und Atmung erreichen ihren niedrigsten Wert. Die Muskeln sind völlig entspannt. Im EEG zeigen sich vorwiegend sehr langsame Delta-Wellen (0,1-4 Hz).
- REM-Schlafphase
Innerhalb dieser Schlafphase, sind bei geschlossenen Augen deutliche Augenbewegungen („Rapid Eye Movements“) zu erkennen. Diese sind im Elektrookulogramm (EOG) grafisch darstellbar. Die Gehirnaktivität steigt im Vergleich zum Tiefschlaf wieder deutlich an. Im REM-Schlaf ist das Gehirn fast so aktiv wie im Leichtschlaf, mit dem Unterschied, dass die Muskelspannung völlig fehlt. Durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems kommt es zu einem Anstieg von Blutdruck, Puls- und Atmenfrequenz. Im EEG sind daher niederig-frequente Theta Wellen (4-8Hz) und Alpha-Wellen (8-12Hz) sichtbar.